Macht uns Selbstmitleid klein und unbedeutend, und verhindert Anpassung das eigene Wachstum?
Selbstmitleid raubt uns jegliche Kraft, sie schränkt uns ein etwas zu verändern, um die Situation oder die derzeitige Lebenslage zu verbessern. Selbstmitleid führt dazu, in der jeweiligen Situation auszuharren und wir sind „auf das Leiden“ fokussiert, statt in Aktion zu treten. Die negativen Gedanken und Gefühle verfestigen sich. Es liegt an uns, jeder hat die Freiheit zu entscheiden, wie er auf die Situation, den Frust, die Wut reagiert. Und sicherlich spielen dabei wieder unsere Gedanken eine große Rolle. Manchmal hilft es, sich einfach zu fragen: „will ich mich jetzt wirklich darüber ärgern, muss ich mit meiner Kollegin gut auskommen, ist es für mich wirklich so wichtig von jedem gemocht zu werden und wenn ja, zu welchen Preis?“ Diese, an sich selbst, gestellten Fragen und die daraus resultierenden Antworten, können sehr entlastend sein und großen Druck nehmen. Mir hat es vor vielen Jahren enorm geholfen, frei zu sein und mich unabhängig zu fühlen. Ich lernte zunehmend Grenzen zu setzen und Entscheidungen zu treffen, die mich beruflich, als auch privat, voran brachten.
Natürlich ist Anpassung in einem bestimmten Maß sinnvoll, doch wie weit sollte diese gehen und wann ist diese Anpassung für unsere eigene Entwicklung noch gesund?
Ungesund wird diese spätestens dann, wenn die eigene Entwicklung gefährdet ist und Ideale in den Hintergrund rücken. Der Preis ist zu hoch, weil es nicht mehr um uns selbst geht, sondern um die Bedürfnisse und Zielsetzungen der anderen. Eigene Fähigkeiten und Ressourcen können verkümmern und das ist sehr schade und schwächt uns. Manchmal ist es sogar sinnvoll gegen den Strom zu schwimmen, dann kann Neues, Wunderbares entstehen. Michelangelo, Van Gogh, Einstein oder Galileo, das sind sehr unterschiedliche Menschen und doch haben sie eins gemeinsam. Sie sind gegen den Strom geschwommen, haben an sich geglaubt, ihre Ressourcen genutzt und sich nur bedingt, wenn überhaupt, angepasst, um Großes für die Menschheit zu vollbringen.
Auch Kompromisse bringen die eigene Entwicklung nicht wirklich weiter, sie geben uns eher das Gefühl, auf etwas zu verzichten. Irgendetwas ist nicht richtig, unvollkommen, nicht stimmig. Eine selbstbewusst getroffene Entscheidung, die stimmig ist, entspringt aus eigener Kraft und es fühlt sich gut und richtig an. Die Motivation und Bereitschaft, die Verantwortung für diese dann zu übernehmen, ist meistens viel größer. Manchmal ist es im Leben wichtig zu erkennen, dass der Zug des Lebens nicht unbedingt vom Bahnhof, auf gerader Strecke zum Ziel führt, sondern über Umwege ankommt. Und dass wir umsteigen müssen und dass dieses Umsteigen ein großes Glück bedeuten kann.
„Panta Rhei, Alles fließt“, schrieb der griechische Philosoph Heraklit schon 520 v.Chr.